Fahrtipps von PATRIA: Richtig schalten.

Stufenlose Nabenschaltung … oder klassische Kettenschaltung – Gangwechsel muss sein.

Ein Tourenfahrer kämpft sich, in den Pedalen stehend, schwitzend und stöhnend den Berg hoch. Seine Trittfrequenz dürfte bei 30 pro Minute oder darunter liegen – das kann man natürlich nur im Stehen meistern. Die Kette liegt auf dem drittkleinsten Ritzel – dort, wo es wohl immer liegt. Fragt man ihn oben angekommen, warum er nicht in einen kleineren Gang fährt, erklärt er zwischen zwei Atemstößen: „Ach, zum Schalten bin ich viel zu faul.“

Ja, manche Radler wechseln die Gänge seltener als die Regenhosen. Dabei ist die Schaltung eigentlich die Entwicklung in der Fahrradgeschichte, die das komfortable schnelle – oder eben auch bewusst langsame – Radfahren erst möglich machte.

Schalten kann man nie genug! Wie kann es sein, dass man Gangwechsel als Herausforderung empfindet und sich lieber unter den größten Anstrengungen Steigungen hoch quält? Wie bei so vielem: Aus Gewohnheit. Wer von Anfang an nicht Acht darauf gegeben hat, es seinen Beinen mit der richtigen Trittfrequenz so angenehm wie möglich zu machen, oder mit alter, kaputter oder verstellter Schaltungstechnik schlechte Erfahrungen gemacht hat, lässt das Schalten einfach sein oder schaltet nur, wenn der „Oberschenkel-Overkill“ droht. Dabei ist eine gut funktionierende Schaltung ein echter Spaßfaktor beim Radfahren! Das liegt auch daran, dass medizinisch gesehen eine mittlere Trittfrequenz von um die +/- 80 Umdrehungen pro Minute am sinnvollsten ist. Geübte Radfahrer empfinden sie auch als besonders angenehm. Vor allem aber ist sie am wenigsten belastend für die Knie- und Fußgelenke – sie werden um so stärker beansprucht, je geringer die Trittfrequenz bei gleicher Geschwindigkeit ist, da dann mehr Druck auf die Pedale ausgeübt wird. Frequenzen von über 95 Pedalumdrehungen nehmen Freizeitradler dagegen oft als unangenehm wahr. Probieren Sie das doch auf freier Strecke einmal aus und zählen Sie mit: Wie oft steht das rechte (oder linke) Pedal während einer Minute auf zwölf?

 

Wenn man weiß, wie Schaltungen funktionieren, versteht man ihre Bedienung besser. Bei der Kettenschaltung wird der Antriebsstrang auf kleinere oder größere Zahnräder im Hinterrad gesetzt. Durch deren verschiedenen Umfang ändert sich die Übersetzung – pro Kurbelumdrehung rollt man weiter oder eben weniger weit. Für diesen Vorgang müssen Zahnkränze und Kette in Bewegung sein – die Kettenschaltung lässt sich daher nicht im Stehen bedienen. Die Nabenschaltung funktioniert anders: Hier stecken die Zahnräder, die durch eine unterschiedliche Kombination miteinander verschiedene Übersetzungen ergeben, gekapselt in der Nabe im Hinterrad. Sie werden auf Achsen verschoben. Das funktioniert am besten, wenn sie nicht im Kraftfluss stehen, also sie keinen Druck ausgesetzt sind. Bedeutet: Richtig „Kuppeln“ üben! Kuppeln heißt in diesem Fall, vor dem Schalten den Druck teilweise oder ganz vom Pedal nehmen. Kettenschaltungen lassen sich leichter unter Druck schalten, Wer allerdings unter starkem Pedaldruck schaltet, etwa beim Beschleunigen oder am Berg, muss mit einem hohen Materialverschleiß rechnen. Es ist wie beim Auto: am besten schaltet und kuppelt man, wenn vom Hinterrad bzw. dem vorderen Umwerfer nichts oder fast nichts zu hören ist. Achten Sie etwas darauf, dann geht es bald intuitiv.

Weil mit der richtigen Frequenz Rad zu fahren nicht nur viel einfacher ist und mehr Spaß macht, sondern auch die Belastung minimiert – und uns dadurch mit gleicher Anstrengung höher oder weiter kommen lässt – ist es sinnvoll, auf das richtige Schalten zu achten.

Tipps zum richtigen Schalten:

Nehmen Sie sich bei der nächsten Ausfahrt die Zeit und achten Sie auf einer längeren Geraden darauf, mit welcher Frequenz Sie unterwegs sind. Das geht meisten schon mit der „Einundzwanzig“: Während Sie das Wort in normaler Geschwindigkeit aussprechen, sollte das Pedal deutlich mehr als einmal rotiert haben. Wenn nicht, pedalieren Sie definitiv zu langsam. Genauer geht das, wenn Sie auf gerader, ruhiger Strecke mitzählen, wie oft in einer Minute das linke Pedal ganz oben ist. Versuchen Sie dann einmal, auf etwa 80 Umdrehungen zu kommen oder sich um zunächst 15 Umdrehungen zu steigern, indem Sie kleinere Gänge nutzen. Auch wenn es am Anfang ungewohnt ist, halten Sie die höhere Drehzahl durch. Wie fühlt sich das an? Wenn sie auf Touren oder längeren Alltagsstrecken darauf achten, werden Sie sich noch entspannter ankommen.

Losfahren: Immer in einem kleinen Gang. das machts leichter, und für viele auch sicherer: Ist ein zu großer Gang drin, gehts zunächst extrem langsam vorwärts – und wir eiern mit flattrigem Lenker hin und her.  Probieren Sie einmal bewusst aus, welcher Gang zum flotten und vor allem wenig anstrengenden Start der beste ist. Damit der auch wirklich drin ist, gibt’s den nächsten Tipp:

Ampelstopp. Gewöhnen Sie sich an, schon auf den letzten Metern vor einem Stopp oder einer Kreuzung, in den Gang zu schalten, mit dem Sie losfahren wollen. So wird Stop-and-go nicht zur schweißtreibenden und gelenkbelastenden Anstrengung. Falls Sie eine Naben- oder die Pinion-Schaltung haben, können Sie diese zwar auch im Stehen Schalten – im Gegensatz zu einer Kettenschaltung. Wenn Sie sich aber angewöhnen, schon beim Ausrollen den passenden Gang fürs Losfahren einzulegen, vergessen Sie nicht, dass der falsche Gang noch drin ist und versuchen nicht erst, damit zu starten. Wer eine Kettenschaltung fährt, dem bleibt dann allerdings fast nichts anderes übrig – außer folgender umständliche Trick, der etwas Übung braucht:

Mit Kettenschaltung an der Ampel und vergessen, einen kleinen Gang einzulegen? Vorderradbremse ziehen und am Lenker schieben, bis das Hinterrad keinen Bodenkontakt mehr hat. Dann schalten und gleichzeitig ins Pedal treten – der Gang rastet ein.
Auch am Berg auf eine hohe Frequenz achten. Die Wahrnehmung täuscht: Sie sind an längeren Anstiegen nicht nur mindestens genau so schnell, wie wenn Sie in einer kurzen Übersetzung mit niedriger Frequenz fahren – Sie sparen auch viel Kraft und tun sich selbst etwas Gutes.

An starken Steigungen zu schalten ist schwierig und verschleißt das Material – wenns hinten kracht und knackt, ist etwas falsch gelaufen. Bei Nabenschaltungen will der kleinere Gang unter Belastung oft gar nicht rein – nicht mit Gewalt reinwürgen! Wer schon knapp vor Beginn der Steigung den Druck von den Pedalen nimmt und einige Gänge tiefer schaltet, hat das Problem nicht. Schnell lernt man, welcher Gang für die jeweilige Steigung ungefähr der richtige sein dürfte. Auf jeden Fall ganz falsch: Mit großer Übersetzung in den Berg fahren und pedalieren, bis nichts mehr geht. Dann ist Absteigen und Schieben oft die letzte Möglichkeit – Kettensalat droht!

Und noch ein Tipp:
Mit der vom Händler genau eingestellten Schaltung und einer gepflegten Kette flutscht es deutlich besser!

Übrigens: E-Bikes gibt’s bereits mit Automatiken, die das Schalten übernehmen!