Vom Glück in Deutschland zu produzieren – über Lieferengpässe und Wartezeiten

Viele Kunden müssen auf ihr bestelltes Fahrrad im Moment länger warten als gewöhnlich, das liegt nicht nur an der gestiegenen Nachfrage während der Coronapandemie, sondern auch an Lieferschwierigkeiten. Denn viele Hersteller lassen ihre Rahmen in Asien fertigen und bauen das Rad in Deutschland nur noch zusammen. Der Schiffsverkehr zwischen Europa und Asien war aber zeitweise unterbrochen und so blieben auch die vorgefertigten Rahmen in irgendwelchen Seehäfen in Fernost liegen.

Da sind die Hersteller, die ihre Räder in Deutschland herstellen klar im Vorteil, oder?

Das wollte Journalistin Britta Fecke von Jochen Kleinebenne, Geschäftsführer von Patria, wissen:

Britta Fecke: Viele Hersteller haben im Moment Lieferschwierigkeiten. Da Patria jedoch seine Rahmen in der eigenen Manufaktur in Bielefeld herstellt, müssten Sie ja unabhängiger sein von den Lieferanten in Asien?

Jochen Kleinebenne: Ja stimmt, und darüber sind wir froh. Der Rahmen ist ja das Herzstück des Fahrrades und durch die eigene Herstellung sind wir da sehr frei und tatsächlich unabhängig von Asien. Aber einige Komponenten müssen auch wir aus Fernost zukaufen, wie beispielsweise Reifen. Und da ist es absehbar, dass manche Sorten sehr knapp werden, aktuelles Beispiel sind die Marathon Plus Reifen von Schwalbe.

Britta Fecke: Was bedeutet das für die Lieferzeit?

Jochen Kleinebenne: Bisher noch nichts. Wir konnten mit der Situation noch ganz gut umgehen. Dennoch konnte die Wartezeit im letzten Jahr etwas länger ausfallen als gewohnt, denn wir hatten einfach sehr! viel zu tun und sind im Rahmenbau trotz neuer Kollegen an unsere Kapazitätsgrenze gekommen, das hat sich natürlich auf die Lieferzeit ausgewirkt.

Warten auf Scheibenbremsen – Patria-Räder in der Auslieferung

Aber wir haben zuverlässig die Aufträge in ihrer zeitlichen Folge abarbeiten können. Etwas Sorge bereitet uns dagegen die sichere Versorgung mit Komponenten. Wir waren zwar schon immer gezwungen, als kleiner Hersteller ein verhältnismäßig großes Komponentenlager anzulegen, weil wir ja auch diese breite Ausstattungsvielfalt haben. Das kommt uns jetzt zugute. Aber dennoch könnte es auch bei uns Engpässe bei manchen Komponenten geben. Aktuell warten hier z.B. 30 Fahrräder auf die Auslieferung, für die uns nur noch die Scheibenbremsen fehlen.

Britta Fecke: Wie wirkt sich diese Materialverknappung bzw. die hohe Nachfrage auf die Preisentwicklung aus?

Jochen Kleinebenne: Die insgesamt hohe Nachfrage nach Fahrrädern auf der Welt hat natürlich auch bei einigen unserer Teilelieferanten die Preise kräftig steigen lassen. Wir können das noch einigermaßen unter Kontrolle halten, weil viele unserer wichtigen Komponenten in Deutschland oder Europa gefertigt werden; zum Beispiel die Rohloff Schaltung aus Kassel, SON Dynamo aus Freiburg, Sättel aus Italien oder England, P&P Rohre aus Werther usw..

Unsere eigenen Fertigungskosten sind bisher kaum gestiegen. Aber um zuverlässig auch weiterhin liefern zu können, müssen wir in Zukunft wohl teuer einkaufen, das wird sich auch auf unsere Abgabepreise auswirken. Wir beobachten bei anderen Marken Preiserhöhungen um die 15% und teils extreme Lieferzeiten, weil der Hersteller den Rahmen erst im Herbst aus Asien bekommt. Das wird es bei uns in der Höhe so nicht geben, aber zum Saisonstart ist mit höheren Preisen um 5-8% je nach Ausstattung zu rechnen.