NRVP 3.0 – Strategie für die Veloinfrastruktur

Mit 30 Euro pro Person und Jahr soll der Radverkehr bis 2030 gefördert werden, das ist eine Verdopplung des aktuellen Budgets. Mit dem Nationalen Radverkehrsplan 3.0, der April im Kabinett beschlossen wurde, stellt der Bund seine Strategie für die Veloinfrastruktur der nächsten 10 Jahre vor.

Deutschland soll demnach bis 2030 zum Fahrradland werden, mit sicheren Radwegen, die vor dem Autoverkehr geschützt sind, mit dem Ausbau von Radschnellwegen und ausreichend Stellplätzen für Fahrräder.

Allein 30 neue Radschnellwege plant das Bundesverkehrsministerium, um die Verbindung zwischen Großstädten zu verbessern und den Umstieg vom Auto auf das Rad zu erleichtern. Es werde ausreichend Geld bereitgestellt, sagte Bundesverkehrsminister Scheuer, es müsse nur von den Kommunen aufgerufen werden.

Britta Fecke: Die Bundesregierung will so viel Geld für den Radverkehr ausgeben wie nie zuvor. Sind Sie überrascht/erfreut über diese Pläne?

Jochen Kleinebenne (Geschäftsführer Patria): Es wird mehr Rad gefahren in Deutschland als je zuvor und es ist für alle offensichtlich, dass hierfür Verkehrsraum geschaffen werden muss. In meiner Wahrnehmung reagiert die Politik also bloß auf den gestiegenen Bedarf, und ich habe mir schon viel länger eine proaktive, gestaltende Verkehrspolitik gewünscht.

Darum: überrascht nein, aber ich freue mich natürlich sehr über diese Entwicklung.

Fahrrad-Infrastruktur: nicht überall zufriedenstellend

Britta Fecke: Wird das reichen, um die Radinfrastruktur zu verbessern?

Jochen Kleinebenne: Ob die 30 Euro pro Person reichen, kann ich nicht beurteilen. Ich weiß aber, dass in Städten wie Kopenhagen, Amsterdam, Oslo, Utrecht, Portland usw., die als Vorbilder taugen, deutlich mehr pro Einwohner ausgegeben wird, während die deutschen Städte bisher bei 2 bis 5 Euro lagen.

Aber das ist die Vergangenheit. Ich finde dagegen die Perspektiven wertvoll, die der neue Radverkehrsplan bietet. Bis 2030 soll beispielsweise die durchschnittlich zurückgelegte Radstrecke von 3,7 auf 6 km angehoben werden. Das ist ein Ziel, dessen Einhaltung man einfach kontrollieren kann, und es ist ein geeigneter Maßstab, den realen Nutzen der Umbaumaßnahmen zu beurteilen.

Britta Fecke: Wo müsste aus Ihrer Sicht noch nachjustiert werden, damit mehr Raum und Recht für den Radverkehr geschaffen wird?

Jochen Kleinebenne: Geld allein wird wohl nicht reichen, die Infrastrukturmaßnahmen müssten auch juristisch flankiert werden, vielleicht nach niederländischem Vorbild, wo der Autofahrer, der einen Radfahrer verletzt immer eine Mitschuld trägt, unabhängig von der Verkehrssituation. 

Es wäre auch nötig die Neuverteilung des öffentlichen Raum zu kommunizieren, dass eben nicht nur Parkplätze für Autos wegfallen, sondern auch mehr Lebensqualität für alle geschaffen wird. Dass jeder Radfahrer ein Autofahrer weniger ist, der im Stau steht. Dass in den Niederlanden viele Innenstädte autofrei sind und die Einzelhändler davon profitiert haben, weil zum entspannten Einkaufen viel mehr Menschen kommen – auch sehr gerne Deutsche – als zuvor.

Für den Umbau der Verkehrsinfrastruktur müssten aber auch Stellen in Verwaltung und Politik geschaffen werden, die die räumliche Umverteilung planen und auch gut kommunizieren.

Die Förderung des Radverkehrs, die Priorisierung von Klimaschutz und Lebensqualität gelingt nur, wenn alle an einem Strang ziehen. Und da sind wir als Fahrradhersteller dabei.