Radfahren mit Kopfhörer?

Kopfhörer auf beim Fahrradfahren - darf man das. Und sollte man das?
Kopfhörer auf beim Fahrradfahren – darf man das. Und sollte man das?

Radfahren und Musikhören passen eigentlich gut zusammen. Fragen Sie doch mal die Sonntagstourer mit ihren Radios für die Lenkermontage! In Zeiten des Medien-allmächtigen Handys sind aber vor allem Kopfhörer im Straßenverkehr präsent – egal, ob als Ohrschützer-großer Aufsatz mit dick gepolstertem Bügel oder als fast unsichtbarer In-Ear. Haben Sie sich nicht auch schon einmal gewundert oder geärgert, dass Sie sich einem anderen Radfahrer durch Klingeln oder Rufen nicht bemerkbar machen konnten und später gesehen, dass da Kabel am Ohr auf Kopfhörer schließen ließen?
Ist das überhaupt erlaubt? Die Straßenverkehrsordnung StVO ist da nicht ganz ungenau. Paragraph 23, Abs. (1) sagt dazu:
„Wer ein Fahrzeug führt, ist dafür verantwortlich, dass (… sein) Gehör nicht durch die Besetzung, Tiere, die Ladung, Geräte oder den Zustand des Fahrzeugs beeinträchtigt werden.“  
Doch wann ist man beeinträchtigt? Der Verkehrsexperte des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs ADFC meint: „Entscheidend dabei ist die Lautstärke.“ Der Biker muss so am Verkehr teilnehmen können, dass er alles, was für ihn relevant ist, vom Klingeln bis zum Martinshorn, aktiv wahrnimmt und darauf reagieren kann.

50 Prozent längere Reaktionszeit    
Das Institut für Arbeit und Gesundheit der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung hat 2013 untersucht, wie Musikhören unser Verhalten verändern kann: Die Studie konnte eine Verlängerung der Reaktionszeit von über 50 Prozent bei „lauter Musik“ nachweisen. publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/iag3060.pdf
Grundsätzlich kann die Polizei bei einer Kontrolle Bußgeld abknöpfen, ist das „Gehör beeinträchtigt“ – was natürlich schwierig nachzuweisen sein dürfte. Wenn man als daneben Stehender die Musik aus dem Kopfhörer deutlich wahrnimmt, kann man wohl eindeutig von einer Beeinträchtigung ausgehen.
Jedenfalls sind in diesem Fall 10 Euro fällig, wenn niemand behindert oder gefährdet wurde, ansonsten 15 Euro.
Das ist aber nur eine der Folgen, die man sich damit einhandeln kann, wenn man mit Kopfhörern und lauter Musik unterwegs ist.
Denn ist man in einem Unfall verwickelt, wird das Tragen eines Kopfhörers meist negativ ausgelegt. Heißt: Eine Mithaftung ist fast automatisch gegeben, auch wenn man ansonsten als unschuldig eingestuft würde. Das kann bedeuten, dass man zumindest auf einen Teil des Schadenersatzes verzichten muss. Wenn nachgewiesen werden kann, dass man definitiv zu laute Musik gehört hat, kann ein Schadenersatzanspruch ganz wegfallen, ebenso der Anspruch auf Schmerzensgeld.
Doch wichtiger als Geld ist Gesundheit, also die Frage: „wie gefährlich ist Radfahren mit lauter Musik im Kopfhörer wirklich?“ Vielleicht fragen Sie einmal professionelle Fahrradkuriere, die ja einen Großteil ihrer Arbeitszeit im Stadtverkehr verbringen, ob sie bei der Arbeit Musik hören. „Natürlich nicht“ war zumindest bei uns die häufige Antwort. „Viel zu gefährlich!“
Übrigens spielt die Erwartungshaltung hier deutlich mit hinein: Von einem Autofahrer wird nicht erwartet, dass er eine Fahrradklingel grundsätzlich wahrnimmt. Von einem Radfahrer oder Fußgänger schon. Das bedeutet auch: Von einem Radfahrer wird oft erwartet, dass er auf Klingelzeichen reagiert – und deshalb fährt der Klingler oft weiter, nicht ahnend, dass der andere Kopfhöhrer an den Ohren hat.    
Wie auch immer Sie es pflegen – vielleicht nur auf ruhigen Strecken mit Musik am Ohr fahren? Sicher ist, kommunizieren kann man ohne oder mit leiser Musik definitiv besser – und das sollte uns schon wegen der eigenen Sicherheit wichtiger sein als der Hörgenuss.